Autor: Heiner Wichelmann
Fotos: Wolfgang Sauer/Marlon Johannknecht
01.12.2024
Matthies Trepper (SPD)
Henning Matthes (CDU)
Noch einmal stellten sich die beiden Bürgermeisterkandidaten Henning Matthes (CDU) und Matthias Trepper (SPD) für die Stichwahl am 1. Dezember zum Streitgespräch beim gt!nfo-Podcast „4830“. Die Redaktion fasst auf diesen Seiten Podcast-Aussagen der beiden zu einigen Themenkreisen zusammengefasst gegeneinander. Henning Matthes ist 1. Beigeordneter der Stadt Gütersloh, Matthias Trepper ist langjähriges SPD-Ratsmitglied und arbeitet im Vorstandsstab der Sparkasse Gütersloh. Falls Sie Ihre Wahlentscheidung für Sonntag noch nicht getroffen haben: Hier ist Ihre letzte Gelegenheit, liebe Leserinnen und Leser! Wer überzeugt Sie am meisten, wer hat die besseren Ideen? Es ist Ihre Wahl und wir legen es Ihnen gerne ans Herz: Bitte gehen Sie wählen, stärken Sie damit unsere Demokratie vor Ort!
Bearbeitung: Heiner Wichelmann
Die einzelnen Themen aus dem Podcast-Interview sind unter Stichworten gegliedert. Zur Erinnerung: Bei der Bürgermeisterwahl am 17. November gingen Matthias Trepper mit 43,44 Prozent und Henning Matthes mit 36,32 Prozent als Sieger hervor. Gitte Trostmann (Grüne) kam auf 11,32 Prozent; Thorsten Drescher (AfD) auf 8,92 Prozent. Damit gehen Trepper und Matthes am Sonntag, 1. Dezember, in die Bürgermeister-Stichwahl für die Nachfolge des abgewählten Bürgermeisters Nobby Morkes. Die Amtszeit des neuen Bürgermeisters wird sechs Jahre sein.
Kompetenz:
Henning Matthes:
Ich bringe 25 Jahre Verwaltungserfahrung mit, davon fast 20 Jahre Leitungserfahrung. Mit mir gewinnt man jemanden, der keine Einarbeitungszeit braucht, der die großen Themen kennt, der auch sein Team kennt, mit dem er sofort loslegen kann. Wir müssen aufholen und dafür stehe ich zur Verfügung. Ich glaube, dass die Kenntnis über die Beziehungen und Abläufe in der Verwaltung für die Bürgermeister-Arbeit extrem wichtig ist, um die richtigen Prozesse anzustoßen, Themen zur Chefsache zu machen und dann zu wissen, wie es geht.
Matthias Trepper:
Meine Kompetenz leite ich zum einen davon ab, dass ich seit 20 Jahren Kommunalpolitik mache, also den Blick auf die Verwaltung habe und Verwaltungskompetenz auch durch die Tätigkeit in der Sparkasse mitbringe – aus meinen früheren Bereichen Recht und Revision und jetzt eben durch meine Tätigkeit im Vorstandsstab.
Bürgernähe:
Henning Matthes:
Ich habe allein über das, was ich in den letzten Jahren hier verantwortet habe – also die Fachbereiche Schule, Jugend, Soziales, Sport – mit tausenden Menschen direkt in Kontakt gestanden. Bürgernähe ergibt sich quasi über die Aufgabe, die man innehat und über die Herausforderungen, die einem dann gespiegelt werden. Beim Thema Bürgernähe und Wissen, was die Gütersloherinnen und Gütersloher bewegt, kann ich mithalten.
Matthias Trepper:
Das Leben mit den Bürgern findet ja nicht nur im Rathaus statt, sondern auch abends oder am Wochenende vor Ort auf dem Markt und überall, wo man sich in Gütersloh bewegt. Ich werde im täglichen Leben zu vielen, vielen Dingen seit zig Jahren angesprochen. Mein Team bei der Sparkasse betreut auch unter anderem das Förderengagement für einige 100 Vereine. Auch dadurch hat man immer wieder irgendwo Kontakte und Netzwerke. Und wir engagieren uns auch bewusst dafür, Menschen zusammenzubringen, aktuell arbeiten wir zum Beispiel aktiv beim Programm für das Stadtjubiläum mit.
Wichtigste Themen:
Matthias Trepper:
Hauptthema sind die städtischen Finanzen und die Haushaltskonsolidierung. Wir müssen sparen, wir müssen schauen, dass wir Prioritäten schaffen. Dann brauchen wir dringend bezahlbaren Wohnraum, da will ich nur die Stichworte Marten-Gelände, Mansergh Barracks, Verdichtung in Außenbereichen oder
Ortsteile wie Avenwedde und Friedrichsdorf nennen, wo man es möglich machen muss, dass dort auch Wohnen in der hinteren Baureihe noch möglich ist. Dann haben wir das Thema Kultur. Hier geht es darum, dass wir die Weberei neu aufstellen als dritten Kulturstandort neben Theater und Stadthalle. Sport ist zudem ein großes Thema, Sportflächen müssen erweitert und saniert werden. Über allem schwebt im Grunde genommen das Zuschütten von Gräben. Wir müssen die Stadtgesellschaft wieder ein bisschen befrieden.
Henning Matthes:
Bei den Finanzen geht es auch um die Aufgabenkritik. Wir müssen genau schauen, was ist eigentlich Kernaufgabe der Stadtverwaltung? Das führt zwangsläufig dazu, dass man an manchen Stellen auch Geld und Mittel einsparen muss. Das ist auch dringend erforderlich. Enorm wichtig ist für mich das Thema Erhalt und Ausbau der Bildungslandschaft in Gütersloh, also auch den Hochschulstandort Gütersloh weiterzentwickeln. Das dritte Thema ist die Sicherheit. Man spürt in Bürgergesprächen, dass ein Unsicherheitsgefühl einfach da ist. Das merkt man bei Themen wie der Nachtabschaltung.
Sicherheit:
Matthias Trepper:
Wenn man abends über den Konrad-Adenauer-Platz geht, dann sieht man schon, dass da geschäftiges Treiben ist und nicht das, was wir uns eigentlich wünschen. Die Stadt kann im Grunde genommen nur an die Kreispolizeibehörde und ähnliche Behörden appellieren, uns zu helfen, uns Ratschläge zu geben. Licht ist sicherlich ein wesentliches Thema auf den Plätzen, aber wir müssen den Menschen den Aufenthalt auf Plätzen wie diesen auch ungemütlich machen. Wir müssen nochmal drüber nachdenken, ob vielleicht auch in den Abendstunden und am Wochenende Ordnungsamtskräfte gemeinsam mit der Polizei unterwegs sind.
Henning Matthes:
Bei den Personen, die tatsächlich mit Drogen handeln und zwar sehr offen, da muss die harte Hand her. Aber wenn uns das Ordnungsamt sagt, ja, den haben wir abends festgenommen, morgens läuft er wieder frei rum, dann ist das natürlich auch frustrierend. Da sind wir dann als Stadt irgendwo auch an einem Punkt, wo wir nicht weiterkönnen. Wir hoffen schon, dass wir die Stellen fürs Ordnungsamt ausbauen können. Aber man muss die Kolleginnen und Kollegen vom Ordnungsamt auch schützen. Die Menschen haben keine Waffen, können also nur im gewissen Maß agieren. Die brauchen schon die Unterstützung der Polizei. Es gibt übrigens auch Unsicherheit unter den Jugendlichen, die am ZOB umsteigen.
Gütersloh in fünf Jahren?
Matthias Trepper:
Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir wirtschaftlich wieder besser dastehen werden als jetzt. Wir werden neuen Wohnraum entwickelt haben und ich hoffe auch, dass wir jetzt zeitnah zum Thema Karstadt was verkünden können und dürfen. Dass es da auch vorwärts geht. Die Weberei wird in fünf Jahren neu aufgestellt sein. Bei Gebäuden, die der Stadt gehören, müssen wir dringend über Photovoltaik nachdenken. Da gibt es inzwischen Partner, die sich anbieten und uns unterstützen würden.
Henning Matthes:
Ich glaube, dass es wesentlich ist, dass die Bürgerinnen und Bürger sehen, dass wir die großen Themen ernst nehmen, dass wir, was Entscheidungen angeht, auch auf die Tube drücken, um die richtigen Entwicklungen in den Stil zu stoßen. Stichworte innerstädtische Entwicklungen, Wohnen, Bildungseinrichtungen, Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Klimafolgenanpassungen. In fünf Jahren werden die Gütersloherinnen und Gütersloh mit Stolz über ihre schöne Stadt erzählen.
Persönliches Leuchtturmprojekt:
Henning Matthes:
Idealerweise haben wir in fünf Jahren, wenn das Mansergh-Quartier gekauft wurde, einen Hochschulstandort, der sich da entwickelt. Da wird ein Highlight stehen für Bildung in Gütersloh.
Matthias Trepper:
Ein Highlight ist sicherlich nach wie vor das Thema Wohnen: Azubi-Wohnungen, bezahlbarer Wohnraum für kleine und große Familien, Wohnungen für Ältere. Es wäre befreiend, in fünf Jahren sagen zu können, wir haben 500 bis 1.000 Wohnungen neu geschaffen.
Karstadt-Gebäude:
Henning Matthes:
Idealerweise kommt wieder Gastronomie in das Gebäude von Karstadt, idealerweise auch Außengastronomie. Auf dem Berliner Platz muss mehr Grün sein, mehr Aufenthaltsqualität. In das Gebäude selber sollte es weiterhin Mode geben, oben vielleicht Dienstleistungen und Büros. Das alles führt dazu, dass mehr Menschen in die Innenstadt kommen und sich wohlfühlen.
Matthias Trepper:
Ein „Karstadt“-Problem hat fast jede Stadt unserer Größe. Wir müssen einen oder mehrere Investoren finden, am besten hier aus dem Ort oder mindestens mal aus der Region, nicht aus irgendwelchen merkwürdigen Investorengemeinschaften. Ich habe vor einiger Zeit diese Idee gehabt, aus dem Erdgeschoss eine Markthalle zu machen. Ich kann mir auch sehr gut Wohnen obendrauf vorstellen, weil wir ja auch wollen, dass die Menschen wieder in die Stadt ziehen.
Schockstarre nach dem 1. Wahlgang, Herr Matthes?
Henning Matthes:
ch brauch nirgendwo aus irgendeiner Schockstarre aufwachen, weil man im Grunde mit voller Power weiter gemacht hat. Ich habe Zuversicht, alles ist auf Reset gedrückt. Die Stichwahl ist ein weißes Blatt.
Matthias Trepper:
Ich gebe Henning Matthes recht, die Wahl ist per 1. Dezember auf Null gestellt. Also das ist jetzt ein erstes Ergebnis vom 17. November, über das ich mich natürlich gefreut habe, aber ich ruhe mich auf gar nichts aus. Das wäre ganz dumm. Für mich wäre es entscheidend, dass alle Menschen, die das Wahlrecht haben in Gütersloh, dieses auch unbedingt nutzen. 50 Prozent Wahlbeteiligung – das wäre der Hammer.
Wahlempfehlung von Nobby Morkes:
Matthias Trepper:
Ich stehe mit ihm nicht in Kontakt. Ich habe auch schon mehrfach öffentlich gesagt, dass ich seine Wahlempfehlung für mich nicht gut finde und mir das auch nicht hilft. Was er da betreibt, darin kann ich ihn nicht stoppen. Ich habe das alles mehrfach kundgetan, damit muss es jetzt auch mal erledigt sein.
Kandidaten-Wohnort:
Henning Matthes:
Meine Frau und ich waren bereits umzugswillig, aber vor einem Jahr gab es eine prekäre Situation und wir entschieden uns zunächst dagegen. Das ist so die familiäre Situation. Wir gucken jetzt, was als Nächstes passiert. Zurzeit geht jede Energie und Kraft in das Thema Wahlkampf und in das Thema Veränderung nach dem Wahltermin.
Kostenloser ÖPNV?
Henning Matthes:
Wir hatten ja zwei Jahre ein Projekt, wo Kinder und Jugendliche kostenfrei den ÖPNV nutzen konnten, auch weit über die Grenze von Gütersloh hinaus. Es gab unheimlich viel Feedback, nachdem wir das nach der Projektphase aus finanziellen Gründen dann eingestellt haben. Ich würde nach wie vor gerne daran arbeiten, Modelle zu entwickeln, die die ÖPNV-Nutzung sehr kostengünstig machen. Das ist wirklich ein wichtiges Thema. Ich glaube, das wirkt nicht nur im Hinblick auf die Frage von Nachhaltigkeit in der
Mobilität, sondern beeinflusst auch positiv die Eigenständigkeit Heranwachsender.
Matthias Trepper:
Beim Schülerticket müssen wir noch mal schauen, ob wir es nicht doch wieder irgendwie finanziert kriegen. Aber ansonsten ist es völlig richtig, den ÖPNV so günstig wie möglich zu gestalten. Wenn wir die Menschen in den Bus kriegen wollen, ist das eine Möglichkeit.
Gibt es Benchmarks aus anderen Städten?
Henning Matthes:
Also, was mich fasziniert hat, ist beispielsweise ein hohes Engagement einer Kommune, in der ein innerstädtisches Gewässer renaturiert wurde, wo sich alle Anwohner, die Stadtgemeinde und auch Stiftungen daran beteiligt haben, zu investieren und das Projekt umzusetzen. Und das finde ich deswegen super, weil es nicht nur dazu führt, dass man ein tolles Ergebnis hat, sondern auf dem Weg dahin auch das Gemeinschaftsgefühl in der Stadt unheimlich stärkt.
Matthias Trepper:
Das Thema Klima-Stadt kenne ich zum Beispiel aus Freiburg, und ich kenne das Thema bezahlbarer Wohnraum aus Wien. Das sind natürlich Kommunen mit ganz anderen Möglichkeiten. Aber da lohnt es sich schon, mal ein bisschen über den Tellerrand zu gucken. Neben "Think Big" ist das "Think Realistic" aber auch ganz gut. Beispiel Theater: Als das gebaut wurde, wurden 530 Stühle á 500 Euro verkauft. Das hat reißenden Absatz gefunden. Was spricht dagegen, 500 Bäume für die Stadt anzuschaffen, wo 500 Menschen sagen, ich bezahle ihn und das Grünflächenamt pflanzt ihn dann irgendwann in den nächsten Jahren ein? Das ist eine Patenschaftsidee, die die Stadtgesellschaft auch einbindet.
Wirtschaftsförderung:
Matthias Trepper:
Ein Ansatz wäre, Wirtschaftsunternehmen oder auch kleinere Start-ups zu Gesprächsrunden zusammenzuführen. Diese Treffen, die sind unheimlich befruchtend. Da können Synergien
geschaffen, auch Förderungen oder Sponsorships entwickelt werden. Was uns aber allen am meisten drückt, ist das Thema Flächen. Wir haben keine Gewerbeflächen, sind faktisch bei Null. Das heißt, da müssen wir den interkommunalen Weg wählen, Beispiele sind in Frage kommende Flächen in Bielefeld-Windflöte und eventuell auch im Bereich Rietberg-Langenberg-Verl. Wir müssen uns auch um den Fachkräftemangel kümmern. Ich wünsche mir, dass sich die Wirtschaft noch mehr einbindet in die Prozesse, sich selber auch anbietet, dass also Wirtschaft und Stadt gemeinsam aktiv sind.
Henning Matthes:
Unser Flächenmanagement geht im Moment grundsätzlich nur noch interkommunal. Das heißt, wir müssen sehr aktiv auf Kommunen im Umland zugehen und gemeinsam Gebiete entwickeln, wo das irgendwie möglich ist. Und dann natürlich schauen, dass die Unternehmen, die Gütersloh gewogen sind, dort auch investieren. Es gibt einen weiteren Punkt, der mir am Herzen liegt: ein one-stop-shop, also eine Anlaufstelle für die Unternehmen bei uns. Unternehmerinnen und Unternehmer haben keine Zeit, sie wollen eine Ansprechstation haben, eine Zentrale, sie müssen unterstützt werden in dem Anliegen, das sie haben und es muss ermöglicht werden. Irgendwelche bürokratischen Hürden dürfen gar nicht erst aufkommen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Warum sollte man Sie wählen?
Henning Matthes:
Ich bin zielstrebig, kompetent und heimatverbunden. Ostwestfale durch und durch, fest verwurzelt, gut vernetzt hier in der Region und auch in Gütersloh selbst. Ich brauche keine Einarbeitung, ich leite das Rathaus schon seit einem knappen Jahr und freue mich, wenn ich Ihr Vertrauen erhalte, um das auch weiterhin zu tun, mit einer Mannschaft von 1.500 Menschen im Rathaus, die hochkompetent für Gütersloh arbeiten.
Matthias Trepper:
(lacht) Weil ich ein sehr netter Kerl bin, aber das nur am Rande. Ich biete ein ganz einfaches A bis Z, das ist das Anpacken bis zum Zuhören. Ich bin für die Bürgerinnen und Bürger da. Ich finde nicht nur die neun Stunden im Rathaus statt, sondern auch danach – in den Geschäften, im ganz normalen Kultur- und Theaterleben und bei vielen anderen Aktivitäten. Ich bin für jeden ansprechbar, das ist schon seit vielen, vielen Jahren so. Mir liegt die Stadt schon sehr am Herzen und ich kann sofort durchstarten. Mein allererstes Ziel ist es, die Menschen zusammenbringen – auch in der Verwaltung.
Hören Sie das ganze Podcast-Interview, das gt!nfo-Chefredakteur Markus Corsmeyer mit Matthias Trepper und Henning Matthes führte.